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30.10.2024

Gholams Geschichte

„Afghanistan ist keine Heimat mehr. Niemand mag die Regierung der Taliban. Glaub mir, es ist trotzdem schwer, seine Heimat zu verlassen.

Ich bin 2018 gegangen und im Dezember 2021 hier angekommen. Meine Brüder sind jetzt im Iran, meine Eltern bleiben in Afghanistan. Als ich losgegangen bin, habe ich schnell begriffen, dass alle, die gehen, andere Wege wählen. Im Bus fuhr ich nach Nimruz. In Pakistan wurden wir zu einer Gruppe und in Autos gestopft. Ab Kerman lagen wir zu viert in einem Kofferraum, bis nach Teheran. Vor jeder Polizeistation mussten wir aussteigen, damit wir nicht entdeckt wurden, wanderten wir in stundenlangen Fußmärschen um die Stationen herum. Dann stiegen wir in den Kofferraum wieder ein.

In Teheran habe ich dann ein Jahr und vier Monate gearbeitet. Ich brauchte das Geld für den weiteren Weg. Nach einer Kontrolle durch die Polizei wurde ich zurück nach Nimruz geschickt. Sofort habe ich mich wieder auf den Weg gemacht. Als ich zum zweiten Mal in Teheran ankam, ging es im Kofferraum weiter. Vor dem Grenzgebirge, das den Iran von der Türkei trennt, mussten wir bei Maku in einem Haus warten. Hier wuchs die Gruppe auf 50 Menschen an. Jemand zeigte uns einen Weg durch das Gebirge. Die 50 Menschen blieben nun fest zusammen.

Auf der türkischen Seite wurden wir in zwei Lieferwagen geladen, wieder fuhren wir nur nachts. Trotzdem gerieten wir in eine Polizeikontrolle. Alle, die alleine unterwegs waren, wurden sofort zurückgeschickt. Familien mussten nur ins Gefängnis. Ich reiste als Single und wusste, für mich ist es hier zu Ende. Ein Familienvater sagte aber: „Der ist mein Bruder, gehört zu meiner Familie.“ Das war ein guter Mann.

Nach acht Tagen wurden wir aus dem Gefängnis entlassen. Meine „Familie“ bekam Papiere, wir erreichten Izmir und warteten im Wald am Strand. Ein Schlauchboot mit einem Außenbordmotor wurde von einem von uns gefahren, den hatte man zum „Kapitän“ erklärt und ihm gesagt: „Fahr ins Licht!“ Ein Polizeiboot brachte uns auf. Die Polizisten zerstörten unser Boot und wir saßen wieder im Gefängnis. Für Geld kamen wir frei.

Beim achten Versuch schafften wir es nach Europa. Es war im Oktober 2019, wir mussten nach Moria in das griechische Lager. Ich wusste: Hier kann ich nicht bleiben. Also beschloss ich, ich werde zu Fuß nach Deutschland gehen. Acht Monate habe ich gebraucht.

Im Dezember 2021 kam ich an. Die Familie, die gesagt hatte, ich sei der Bruder, hat das Feuer in Moria überlebt. Die sind auch in Deutschland. Hier wohne ich im Wohnheim. Ich will Busfahrer in Deutschland werden, ich will nützlich sein. Freiwillig habe ich meine Heimat verlassen, freiwillig will ich hier bleiben und arbeiten.“

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