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27.01.2025

SEA-EYE 5 – der erste Einsatz

Im Oktober 2024 startete die SEA-EYE 5, das neue Bündnisschiff von United4Rescue, in ihren ersten Einsatz auf dem Mittelmeer. Der ehemalige Rettungskreuzer der DGzRS rettete in den folgenden Tage 175 Menschen aus Seenot. Roman Rösener war Teil der achtköpfigen Crew und berichtet vom Einsatz.

Erzähle uns vom ersten Einsatz der SEA-EYE 5! Was ist passiert?

Die erste Rotation begann mit einer Verzögerung: Ein Sturm zwang uns, Schutz in Lampedusa zu suchen. Diese Zeit haben wir genutzt, um letzte Arbeiten abzuschließen. Nachdem der Sturm abgeflaut war, wurde uns schließlich von Alarmphone ein Seenotfall gemeldet: 65 Menschen auf einem Holzboot. Kurz vor Mitternacht konnten wir sie finden. Die Rettung war durch den wieder rauer werdenden Seegang schwierig und es zeigte sich schnell, dass die relativ kleine, für die Nordsee gebaute und nahezu kiellose SEA-EYE 5 stark in den Wellen rollt, was präzise Manöver erfordert.

Der Rettungskreuzer SEA-EYE 5 auf dem Mittelmeer. Foto: Anna Dütsch / Sea-Eye

Entgegen der ursprünglichen Anweisung der Seenotleitstelle MRCC Rom durften wir die geretteten Menschen schließlich in Pozzallo auf Sizilien ausschiffen. Dadurch war es möglich, nach einer kurzen Wiederaufrüstung zu einer zweiten Rotation aufzubrechen.

Diese zweite Rotation verlief bei deutlich besseren Wetterbedingungen. In der maltesischen Such- und Rettungszone wurden wir durch einen Mayday-Notruf auf einen Seenotfall aufmerksam: 54 Menschen in einem seeuntüchtigen Holzboot. Über fünf Stunden lang blieben wir in der Nähe und versorgten sie auf Standby – in der Hoffnung, dass die verantwortliche Küstenwache die Rettung übernimmt. Mit Einbruch der Dunkelheit nahmen wir die Menschen schließlich an Bord, da wir die Sicherheit der Menschen in der Nacht sonst nicht gewährleisten konnten.

In den Abendstunden erreichte uns ein Anruf der italienischen Küstenwache mit der Bitte, das Segelboot TROTAMAR III bei einer Rettung zu unterstützen. Dieses hatte bereits 62 Menschen von einem Boot in Seenot evakuiert, konnte jedoch keine weiteren aufnehmen. Auf dem Weg dorthin entdeckten wir per Radar ein weiteres seeuntüchtiges Boot mit 25 Menschen, die wir ebenfalls retteten.

Frühmorgens erreichten wir schließlich den ursprünglich angesteuerten Seenotfall – und es folgte unsere dritte Rettung auf dieser Rotation. Es drang bereits unaufhaltsam Wasser in das Boot, weshalb schnelle Hilfe dringend notwendig war. Die Bergung verlief reibungslos, und wir begleiteten die TROTAMAR III nach Lampedusa. Am Ende hatten wir 110 Gerettete an Bord der SEA-EYE 5 und haben damit wohl die Kapazitätsgrenze des Schiffs erreicht.

Rettung in letzter Sekunde: Das Schlauchboot hat bereits viel Luft verloren. Foto: Jan Ribbeck / Sea-Eye

Aus meiner Sicht war der erste Einsatz der SEA-EYE 5 ein voller Erfolg. Unser Rettungskreuzer hat auf dieser ersten, intensiven Mission gezeigt, wozu er fähig ist. Vieles war neu, vieles musste erst erfunden werden, aber dank einer erfahrenen und kreativen Crew konnten wir für alles gute Lösungen finden.

Was war deine Rolle an Bord?

Auf der SEA-EYE 5 übernimmt man als Crew-Mitglied mehrere Rollen gleichzeitig – dies ist ein entscheidender Unterschied zu größeren Schiffen wie der SEA-EYE 4. Jede:r muss fast alles machen oder zumindest unterstützen können. Ich habe als RHIB-Lead das Team des Einsatzbootes geleitet, als Field Media Coordinator Medien für die Öffentlichkeitsarbeit erstellt, den Kapitän vertreten, also das Schiff gefahren, und mich um die Vorbereitung der Ein- und Auslaufpapiere gekümmert. Insgesamt waren wir bei dieser ersten Mission acht Crewmitglieder auf der SEA-EYE 5.

Die SEA-EYE 5 ist mit 23 Metern Länge vergleichsweise klein. Was bedeutet das für die Geretteten?

Die geringe Größe des Schiffs führt bei der Versorgung der Geretteten zu gewissen Einschränkungen. So gibt es auf dem Rettungskreuzer zum Beispiel nur eine Toilette und eine Dusche, was zu längeren Wartezeiten führt.

Wir konnten mit Tarps Schutz vor Wind und Wetter herstellen, dieser ist jedoch im Vergleich zu großen Schiffen relativ einfach.

Das Hospital ist auf der SEA-EYE 5 gut aufgestellt – allerdings fehlt es aus Platzgründen an echter Privatsphäre für die Patient*innen.

Die Verpflegung besteht bislang aus hochkalorischen Riegeln, Müsliriegeln, Datteln, Nüssen und heißem Tee. Wir arbeiten derzeit daran, auch warmes Essen anbieten zu können.

Gab es auch Spannungen zwischen den Menschen auf so engem Raum?

Tatsächlich ist die Enge eine der größten Herausforderungen an Bord, für die Geretteten genauso wie für die Crew. Jeder verfügbare Quadratmeter muss effizient genutzt werden, und das erfordert eine gute Organisation und viel Flexibilität.

Bei 110 Menschen passiert es selbst bei leichtem Seegang, dass Menschen versehentlich aufeinander treten, wenn sie zur Toilette gehen. Dies kann leicht zu Konflikten führen.

Dicht an dicht sitzen die Menschen, selbst auf den schmalen Gängen. Foto: Jan Ribbeck / Sea-Eye

Auch die Versorgung mit Essen und die Weitergabe von Informationen gestalten sich schwierig und langwierig, was ebenfalls Spannungen hervorrufen kann. Diese konnten wir jedoch als Team wieder auflösen. Zudem gibt es natürlich ein Drängen um trockene und geschützte Plätze an Bord sowie die leider immer wieder auftretende Hierarchisierung von Gruppen. Wir haben stets versucht, so gut es geht zu vermitteln, auf die Bedürfnisse der Überlebenden einzugehen und ein möglichst respektvolles Miteinander zu fördern.

Auf Videos sieht man, dass das Schiff ganz schön in den Wellen schwankt! Wart ihr seekrank?

In der Tat waren zwei der Freiwilligen in den ersten Tagen seekrank – und leider auch viele der Geretteten.

Wie lief die Zusammenarbeit mit den italienischen Behörden?

Die Behörden haben uns, wie es leider regelmäßig vorkommt, zunächst einen weit entfernten Hafen zugewiesen. Nach intensiven Gesprächen konnten wir sie jedoch davon überzeugen, dass das nicht geht: Die räumliche Enge und die eingeschränkten sanitären Bedingungen an Bord machen eine mehrtägige Überfahrt unzumutbar, insbesondere für die vielen Geretteten. Schließlich haben sie uns Pozzallo als Port of Safety zugewiesen, so wie es meist auch bei vergleichbaren Booten der Fall ist.

Was sind die Vorteile des Rettungskreuzers im Einsatz?

Zwei klare Vorteile der SEA-EYE 5 sind ihre Stationierung in der Nähe des Einsatzgebiets und ihre hohe Geschwindigkeit, die es uns ermöglicht, Menschen in Seenot schnell zu erreichen. Nachdem wir die Geretteten auf Sizilien an Land bringen durften, konnten wir zügig wieder in die Such- und Rettungszone zurückkehren. Hinzu kommen die deutlich geringeren Kosten pro Einsatz durch die kleine Crew und den geringen Verbrauch.

Vor dem Einsatz legte die Crew auf dem Mittelmeer Kränze nieder, um an die Menschen zu erinnern, die hier auf der Flucht ertrunken sind. Foto: Leonard Müller / Sea-Eye

Was wollt ihr für die nächsten Einsätze noch verbessern?

Die größte Herausforderung war das Rollen des Schiffes bei Seegang – insbesondere für den Umstieg vom Einsatzboot auf das Mutterschiff. Dies war besonders für die Geretteten schwierig, da viele von ihnen ungeübt und teils geschwächt sind. Daneben hat sich auch gezeigt, dass durch die vielen Aufgaben, die von den Crewmitgliedern gleichzeitig übernommen werden, eine hohe Belastung entsteht. Hier versuchen wir noch soweit möglich zu optimieren und Rettungsabläufe auf dem Schiff weiter zu verbessern.

In den letzten Wochen haben wir mit Hochdruck daran gearbeitet, die Aufnahme des Einsatzbootes über die Heckklappe technisch zu ermöglichen. Darüber hinaus werden kleinere technische Anpassungen vorgenommen sowie Updates an der Elektronik und auf dem Deck: Damit wir so bald wie möglich einen mindestens so erfolgreichen zweiten Einsatz mit unserem neuen Rettungskreuzer fahren können.

Vielen Dank für das Interview und alles Gute für den nächsten Einsatz!

Conto delle donazioni

United4Rescue – Gemeinsam Retten e.V.
IBAN: DE93 1006 1006 1111 1111 93
BIC: GENODED1KDB
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