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25.01.2023

Kochen auf einem Rettungsschiff: Ein Riesentopf Reis und kiloweise Gemüse

Wenn wir über Seenotrettung auf dem Mittelmeer berichten, dreht sich das meistens um die Rettungen. Doch was passiert danach? Oft vergehen Tage, im Extremfall sogar Wochen, bis die Menschen an Land gehen können. Inga und Nico kochen auf den Bündnisschiffen Humanity 1 und SEA-EYE 4 und erzählen davon, was ihr Essen für die Menschen an Bord in dieser Zeit bedeutet.

Was kocht ihr an Bord für die Menschen, die ihr aus Seenot gerettet habt?

Inga, kocht auf der Humanity 1: Was wir auf der Humanity 1 kochen, wird vor allem durch die begrenzten Lager- und Kühlkapazitäten bestimmt und die Zeit, die wir für zwei Mahlzeiten pro Tag brauchen. Die Hauptzutaten sind daher Reis, Couscous, Linsen, Bohnen und tiefgefrorenes Gemüse. Um die Gerichte dennoch möglichst abwechslungsreich zu gestalten, gibt es allerhand Gewürze und getrocknete Kräuter. Besonders beliebt sind Chilliflocken, die wir allerdings als optionales Topping bei der Essensausgabe dazu stellen. Das hat zum einen den Grund, dass die Geretteten somit eine eigene Entscheidung treffen können und zum anderen, dass scharfes Essen zu sehr den Magen reizen kann, wenn dieser zuvor wochen- oder monatelang unterernährt wurde.

Nico, kocht auf der SEA-EYE 4: Da die Menschen längere Zeit auf See ohne Essen und Trinkwasser waren, sind sie oft dehydriert und brauchen Essen, das satt macht, aber nicht belastet. Deswegen kochen wir viel mit Reis und Gemüse. Wir wissen vorher nie, wo die Menschen herkommen, aber wir versuchen, ihren Geschmack zu treffen. Wir stellen nicht nur Essen, sondern auch Tee zur Verfügung.

Inga kocht an Bord der SOS Humanity. Foto: Nicole Thyssen / SOS Humanity

Inga: Generell trägt das Essen und vor allem die Tatsache, dass wir es selbst und mit viel Liebe zubereiten, sehr zur Stimmung an Deck bei. Auch wenn vielleicht nicht immer alle Geschmäcker getroffen werden, versuchen wir so gut es geht auch auf die Bedürfnisse der Geretteten einzugehen.

Manchmal habt ihr mehrere hundert Menschen an Bord. Macht es einen großen Unterschied, ob ihr 200 oder 400 Menschen versorgen müsst? Und wie schafft ihr das überhaupt?

Inga: Die Anzahl der Menschen an Bord macht hinsichtlich des Zeitaufwands einen großen Unterschied. Die Verarbeitung von 60kg Reis im Vergleich zu 15kg verlangt beispielsweise deutlich mehr Handgriffe – einige Schritte mehr durchs Schiff, um die Zutaten aus verschiedenen Lagerräumen zusammenzutragen, mehr Umfüllen und Reinigen (z.B. die Reiskocher, wenn pro Mahlzeit mehr als eine Fuhre benötigt wird). Je nach Ausstattung der Kombüse müssen wir für sehr große Mengen auch mal improvisieren und z.B. Linsen im Ofen kochen. Neben der längeren Vorbereitungszeit brauchen wir außerdem mehr Zeit für die Essensausgabe, wenn viele Menschen an Bord sind.

Nico: Wir haben viel Glück, dass die SEA-EYE 4 mit einer großen Küche (oder auch Galley) für unsere Missionen gut ausgestattet ist. In ihr kann mensch für hunderte Menschen kochen. Es macht das Leben als Köch:in viel einfacher, dass wir in solchen Mengen kochen können. Wir können für 200 Menschen auf einmal kochen, das heißt, wenn wir 400 Menschen an Bord haben, müssen wir zweimal kochen, aber weil die Küche so gut ausgestattet ist, ist das kein großes Problem.

Was bedeutet euer Essen für die Menschen an Bord?

Nico: Essen ist weit mehr als nur Nahrung, es hat die Fähigkeit, Menschen zusammenzubringen, Trost zu spenden und vor allem Freude zu bereiten. Ich möchte, dass all das bei den Mahlzeiten an Bord geschieht. Während der Essenszeit kommen die gesamte Crew und alle Geretteten zusammen, um miteinander zu essen, sogar der Kapitän kommt herunter, um beim Verteilen der Teller zu helfen und mit den Gästen zu sprechen.

Nico in der Küche (Galley) der SEA-EYE 4. Foto: Johannes Gaevert / Sea-Eye

Wir an Bord und vor allem ich als Köchin können viele Dinge nicht kontrollieren, ich kann nicht kontrollieren, ob das Wetter schlecht ist oder das Schiff schaukelt, ich kann nicht kontrollieren, ob und wie die italienischen Behörden uns willkommen heißen, und ich kann nicht kontrollieren, was mit den Menschen passiert, nachdem sie uns verlassen haben. Aber ich kann garantieren, dass unabhängig von einzelnen Umständen jeder Person jeden Tag zur gleichen Zeit Essen serviert wird. Das gibt allen an Bord, auch der Crew, ein Gefühl von Sicherheit und Normalität in einer ansonsten sehr unsicheren Welt.

Ich versuche, alle für die Mahlzeiten zu begeistern. Wir sind stolz darauf, den Menschen nicht nur gut schmeckendes, sondern auch gutaussehendes Essen zu servieren, weshalb unser Motto in der Kombüse lautet: "Jeder Teller fünf Sterne"!

Habt ihr ein Rezept, das ihr oft und gerne kocht?

Inga: Reis mit Tomaten-Erdnuss-Soße! Für 100 Personen braucht man:

  • 15kg Reis
  • 2l Sonnenblumenöl
  • 3kg Tomatenmark
  • 4,5kg Gehackte Tomaten
  • 2kg Erdnussbutter
  • 2,5kg Zwiebeln
  • 2,5kg Spinat
  • 2,5 kg Kichererbsen
  • 2,5 kg Karotten
  • Gewürze: Salz, Pfeffer, Kreuzkümmel, Knoblauchpulver, Zitronensaft, Garam Masala, Zimt

Den Reis im Reiskocher mit etwas Öl, Salz, Kreuzkümmel und Zimt vermengen und 23 Liter Wasser hinzugeben. Umrühren und kochen. Je nach Reiskocher sollte der Reis nach etwa 20 Minuten fertig sein.

Für die Soße Öl und Zwiebeln erhitzen, und nach ca. 5 min Tomatenmark und Gewürze hinzugeben. Etwas köcheln lassen und anschließend gehackte Tomaten, Erdnussbutter und Gemüse hinzugeben. Je nach Konsistenz der Soße noch etwas Wasser hinzugeben. Weitere 20-30 Minuten köcheln lassen und ggf. nochmal abschmecken. Voilà!

Je nach Küchenausstattung kann der Reis auf mehrere Reiskocher verteilt und die Soße zunächst ohne Gemüse gekocht werden. Das Gemüse kann beispielsweise im Ofen erhitzt und anschließend in einem großen Topf oder Behälter mit der Soße vermengt werden.

Nico: Wir haben ein ganz ähnliches Rezept:

  • In einem großen Topf Reis mit Gemüsebrühe kochen
  • Im zweiten Topf Zwiebeln in Olivenöl anbraten
  • Garam Masala, rosenscharfe Paprika, Ingwerpulver und Zimt dazugeben und fünf Minuten mitbraten
  • Dosentomaten dazugeben und wieder fünf Minuten kochen lassen
  • Rote Bohnen, gefrorene Karotten, Spinat und Erbsen dazugeben und gut durchmischen, 20 Minuten kochen lassen
  • Mit Salz abschmecken und mit Reis servieren.

Vielen Dank!

Wir haben Ingas Rezept im Büro von United4Rescue nachgekocht: Lecker! Hier findest du das angepasste Rezept für vier Personen (pdf)

    © Nicole Thyssen / SOS Humanity
    © Johannes Gaevert / Sea-Eye
    © Nicole Thyssen / SOS Humanity
    © Johannes Gaevert / Sea-Eye
    © Johannes Gaevert / Sea-Eye
    © Leon Salner / Sea-Eye
    © Camilla Kranzusch / Sea-Eye

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