23.06.2022
Die Sea-Watch 4 ist das erste Bündnisschiff von United4Rescue. Seit dem ersten Auslaufen 2020 hat es fast 1.900 Menschen vor dem Ertrinken gerettet. Jetzt steht eine Veränderung an: Ab August 2022 wird das Schiff als Humanity 1 im Einsatz sein, betrieben von der Organisation SOS Humanity. Maike Röttger, Geschäftsführerin von SOS Humanity, erzählt, wie es mit dem Bündnisschiff jetzt weitergeht.
Das Wichtigste zuerst: Wir retten flüchtende Menschen in Seenot auf dem Mittelmeer. Außerdem schützen und begleiten wir sie an Bord unseres Rettungsschiffes. Wir dokumentieren Missstände auf See, zeichnen die Geschichten der Geretteten auf und informieren die Öffentlichkeit. Und wir wirken auf die Politik ein, um die EU-Migrationspolitik zu verändern.
Als zivile Seenotrettungsorganisation sind wir seit 2015 aktiv. Gegründet in Berlin als SOS Mediterranee waren wir im europäischen Verbund, also gemeinsam mit Vereinen in Frankreich, Italien und der Schweiz, bis Ende 2021 mit den Schiffen Aquarius und anschließend Ocean Viking im Rettungseinsatz im zentralen Mittelmeer. So konnten wir mehr als 34.000 Menschen aus Seenot retten. Seit Januar 2022 arbeiteten wir losgelöst vom Verbund und unter dem neuen Namen SOS Humanity. Ab August werden wir mit einem eigenen Schiff, der Humanity 1, wieder im Rettungseinsatz sein.
Unser Ziel ist es, mit der jetzigen Sea-Watch 4, dem Bündnisschiff von United4Rescue, mehr Menschen vor dem Ertrinken zu bewahren. Denn unsere Vision ist, dass kein Mensch mehr auf der Flucht ertrinken muss und jeder mit Würde behandelt wird. Unser Name ist hier Programm, denn auch die Menschlichkeit selbst wird von der EU-Politik dem Untergehen überlassen. Deshalb engagieren wir uns auch an Land für die Rechte der flüchtenden Menschen und werden in Zukunft unsere politische Arbeit verstärken.
Es ist unglaublich wichtig und bestärkt uns in unserer Arbeit, breite zivilgesellschaftliche Bündnisse hinter uns zu wissen. Wir sind daher sehr froh, dass unsere Freund:innen von Sea-Watch uns die Sea-Watch 4 überlassen, das von einer engagierten Öffentlichkeit getragene Bündnisschiff. Diese solidarische Übergabe, die wir im Juli vollziehen werden, zeigt, wie wir arbeiten: Es geht uns zivilen Seenotrettungsorganisationen darum, möglichst viele Rettungsschiffe im Einsatz zu haben, also so viele Menschen aus Seenot zu retten, wie wir können.
Durch die Übernahme des Bündnisschiffs können wir als SOS Humanity schnell wieder im Einsatz sein. Je mehr Schiffe im Mittelmeer präsent sind, desto mehr Rettungen sind möglich. Und je mehr Organisationen dabei sind, desto besser schützen wir uns vor behördlichen Blockaden. Denn wir zivilen Organisationen füllen zwar beim Retten seit Jahren die Lücke, die die EU-Staaten hinterlassen – aber dennoch werden wir von den EU-Mittelmeer-Anrainern immer wieder an unserer Arbeit gehindert.
Zunächst gibt es jetzt von etwa Mitte Juni bis Mitte Juli die schrittweise Übergabe: In einem letzten Rettungseinsatz von Sea-Watch mit dem Bündnisschiff sind Crewmitglieder von SOS Humanity an Bord, um das Schiff im Einsatz besser kennen zu lernen. Einige Besatzungsmitglieder der jetzigen Sea-Watch 4 fahren weiterhin auf dem Bündnisschiff mit.
Ende Juli geht es dann in die Werft in Spanien, ins Trockendock. Dort wird der Rumpf gereinigt und überprüft und gestrichen. Entsprechend unserem Konzept zum Schutz der Geflüchteten werden wir dort ein paar Anpassungen vornehmen und das Schiff winterfest machen. Dort werden Kolleg:innen von Sea-Watch und SOS Humanity ausführlich ihr Wissen austauschen und unseren ersten Einsatz vorbereiten.
Anfang August geht dann das Schiff endgültig in unseren Besitz über, am 18. August wird es in den Hafen von Palermo auf Sizilien einlaufen, wo es am 19. August feierlich auf den Namen Humanity 1 getauft wird. Anschließend starten wir in den ersten Rettungseinsatz. Wir sind sehr froh, bald wieder retten zu können. In den letzten Wochen sind Hunderte Menschen auf der zentralen Mittelmeerroute ertrunken. Seit Anfang des Jahres sind dort bereits mehr als 720 flüchtende Menschen gestorben.
Es gibt bei SOS Humanity zwei Arten von Retter:innen: die professionellen und die freiwilligen. Die professionellen haben sich auf Nautik oder Rettungswesen spezialisiert und diese jeweils zu ihrem Beruf gemacht. Sie haben in der Regel entweder eine maritime Ausbildung oder die eines/einer Notfallsanitäter:in.
Menschen mit passenden Profilen, zum Beispiel mit medizinischen oder interkulturellen Kompetenzen, können sich aber auch als Freiwillige bei uns bewerben und – nach ausführlichem Training – ein oder zwei Rettungseinsätze mitfahren. Wir wollen hierdurch die Zivilgesellschaft bei den Einsätzen stärker einbinden. Die Erfahrungen, die sie bei Seenotrettung im Mittelmeer machen, die Missstände, die sie persönlich bezeugen, werden sie in die Gesellschaft tragen. Das trägt hoffentlich dazu bei, diese weiter zu mobilisieren, um die unhaltbaren Zustände zu verändern.
United4Rescue – Gemeinsam Retten e.V.
IBAN: DE93 1006 1006 1111 1111 93
BIC: GENODED1KDB
Bank für Kirche und Diakonie eG – KD-Bank
United4Rescue – Gemeinsam Retten e.V.
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